Kreisjugendring München-Land (KJR) bringt Organisationsentwicklungsprozess auf den Weg. Die Ziele sind auf einer Zukunftskonferenz erarbeitet und festgelegt worden.
Blau, rot, gelb, weiß, orange und violett – so bunt und vielfältig wie eine Blumenwiese ist der Organisationsentwicklungsprozess vom Kreisjugendring München-Land (KJR). Die KJR Vision 2030 ist ein farbenfroher, multifunktionaler, diverser und Bereiche übergreifender Leitfaden für die kommenden Jahre, dem sich die Jugendorganisation verschrieben hat – basierend auf den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) die 2015 von den Vereinten Nationen in einem Weltzukunftsvertrag verabschiedet wurden.
Warum hat sich der KJR auf den Weg gemacht? „Bereits 2013 wurde unter dem Motto ‚KJR 2020 – fit für die Zukunft‘ ein Organisationsentwicklungsprozess angestoßen. Dieser hatte nach einer starken Wachstumsphase im KJR den Fokus auf die Optimierung von Strukturen sowie Abläufen und konnte im letzten Jahr mit dem ‚Fitnesstest‘ erfolgreich abgeschlossen werden“, erklärt KJR-Geschäftsführer Marcus Fink. Inmitten eines umfangreichen und notwendigen gesellschaftlichen Wandels, wie wir ihn derzeit erleben, soll der jetzige Zukunftsprozess ausgerichtet an den SDGs, für die nächsten Jahre die pädagogischen Konzepte und Angebote in den Fokus nehmen. Marcus Fink: „Weiter soll geschaut werden, welche Entwicklungen es in der Organisation KJR mit ihren 550 Mitarbeiter*innen braucht sowie Partnerschaften und Netzwerke ausgebaut werden.“
Beim Kick-Off-Event am 18. November 2020 wurden erste Ideen entwickelt, es folgten verschiedene Impuls-Veranstaltungen und Aktionen – die Zukunftskonferenz vom 27. bis 29. April 2021 hat den Startschuss in die KJR Vision 2030 gegeben. In einer Bestandsaufnahme am Vormittag des ersten Tages stellten die über 260 Teilnehmenden der digitalen Veranstaltung fest, dass schon sehr viel beim KJR gemacht wird, beispielsweise das Werkstattprogramm „Busters – Kunst und Technik“ im Heiner Janik Haus Oberschleißheim (SDG 4: Hochwertige Bildung), die Neugestaltung eines naturnahen und ökologisch wertvollen Garten in der Jugendkulturwerkstatt Unterhaching (SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz) und die Ausstellung zu Diversity von der Jugendsozialarbeit im Gymnasium Ottobrunn (SDG 5: Geschlechtergleichheit) – also eine gute Basis zum Weiterentwickeln.
Virtuelles Generationengespräch als Impulsgeber
Der Nachmittag stand unter dem Motto „Wo wollen wir hin?“. In Kleingruppen wurden Wegweiser beschriftet – beispielsweise mit „starke soziale Arbeit und Demokratiebildung“, „die Prinzipien der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in den Vordergrund rücken“ oder „Arbeitsbereich übergreifende Vernetzung“ – und Zukunftsvisionen entwickelt, an denen am Vormittag des zweiten Tages weiter gearbeitet wurde. Das Generationengespräch mit der 16-Jährigen Paulina Frömel und Steffanie Jäger (28/beide Pfandfinder Putzbrunn), Landrat Christoph Göbel (46) sowie Franz Meier-Dini (61/Route 66 Haar) gab dabei wichtige Impulse. Gesprächsgrundlage war die Jugendumfrage zu deren Zukunftsvision 2030, die der KJR durchgeführt hat. So wurden auf dem virtuellen Podium die Wünsche nach einer vielfältigen und offeneren Gesellschaft sowie „künftig kein Plastik mehr“ formuliert. Es solle mehr Umweltangebote für Jugendliche geben und die Ideen der Konferenz realisiert werden. „Aus meiner beruflichen Tätigkeit weiß ich, wie lange die Umsetzung großer Vorhaben, beispielsweise von Infrastrukturprojekten im Bereich Verkehr, dauern kann. Oft kann es aber schon helfen, an kleineren Stellschrauben zu drehen, um merkliche Verbesserungen zu erzielen“, sagt Christoph Göbel. Außerdem erhofft er sich einen bewussteren Umgang mit den vorhandenen Ressourcen und appelliert an die Menschen, vermehrt zu regionalen Produkten zu greifen. „Natürlich steht die Politik in der Verantwortung zu handeln, doch auch jeder Einzelne kann seinen Teil zu einer besseren Zukunft beitragen“, so der Landrat weiter. Am Diskussionsende packten die Podiumsmitglieder Vertrauen, Energie, Zuversicht und Mut in einen imaginären Koffer für die Reise zur Umsetzung der nachhaltigen Ziele.
Dazu sind auch Netzwerke und Partnerschaften sehr wichtig. Gerade deshalb freute sich Marcus Fink über die zahlreichen externen Gäste bei der digitalen Konferenz. So nahmen Kolleg*innen aus anderen Jugendringen, Fachstellen der Gemeinden, des Landratsamts und der Schulen, Bürgermeister*innen sowie Kreis- und Bezirksrät*innen teil. Sie arbeiteten auch in den Kleingruppen mit, die unter dem Motto: „Jugendarbeit im Landkreis München im Jahr 2030“ standen. Hier wurden Utopien entwickelt, für den KJR, für die Zusammenarbeit und Angebote vor Ort in den Städten, Gemeinden und im Landkreis München. Martin Wagner, Mitglied im Bezirkstag Oberbayern fasst den Tenor zusammen, das Wichtigste in der Jugendarbeit der Zukunft sei. „dass sie selbstbestimmt ist. Kinder und Jugendliche sollen dort – egal ob im Verband oder in der OKJA – selbstbestimmt er-leben, er-lernen und einüben, Demokratie zu gestalten, Vielfalt zu gestalten, das eigene Leben zu gestalten, die Gesellschaft zu gestalten und die Zukunft zu gestalten. Die Themen, die sie dabei in den Vordergrund rücken, müssen von ihnen bestimmt werden. Die Politik muss ihnen mit offenen Ohren zuhören und zugleich mehr Möglichkeiten der Partizipation und Mitbestimmung für Jugendliche im allgemeinen politischen Diskurs schaffen.“
Aufbruchsstimmung für vielfältige Zukunft des KJR
Am Finaltag wurden die Fragen geklärt, was im KJR als nächstes und wie angegangen werden soll, wofür Jede*r ganz persönlich in diesem Prozess bis 2030 einstehen will und wie er/sie sich einbringen möchte. Basierend auf den KJR-Prinzipien kristallisierten sich Schwerpunkte heraus, so soll Bildung neu gedacht werden, man will sich intensiv Gedanken über nachhaltiger Konsum und faire Lieferketten machen sowie Vernetzung und Partnerschaft. „Jugendbeteiligung und Jugendpolitik, konstruktives Wissensmanagement sind neben Solidarität mit und nach Corona weitere Stichworte, die in der abschließenden Einheit erarbeitet wurden“, fasst Marcus Fink zusammen und freut sich, „welche konkreten Ideen in kurzer Zeit entstanden sind.“ Beispielsweise soll das Thema guter Umgang mit Ernährung in einer KJR-Fair-Woche angegangen werden, Kooperationen mit dem Handwerk sollen Jugendlichen realistische Ziele statt überzogenen Erwartungen aufzeigen und unter #FairFühren wollen die Mitarbeitenden ein gemeinsames Führungsverständnis auf allen Ebenen schaffen. Um noch mehr umsetzbare Projekte unter Berücksichtigung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu erarbeiten, werden Zukunftslabore als Format genutzt. „Die Zukunftskonferenz hat in kurzer Zeit tolle Vorschläge gebracht. Und hinter jedem Thema steht mindestens eine Handvoll Kolleg*innen, die sich einsetzen wollen! Es ist eine wunderbare Aufbruchsstimmung für die KJR Vision 2030 in eine vielfältige Zukunft beim Kreisjugendring München-Land zu spüren“, zieht der Geschäftsführer ein zufriedenes Fazit.
5 Fragen, 5 Antworten: Marcus Fink im Interview
Nach der Zukunftskonferenz des Kreisjugendring München-Land liefert der Geschäftsführer Hintergründe und Ausblicke zum Prozes:
- Warum hat sich der Kreisjugendring München-Land für diesen Organisationsentwicklungsprozess entschieden?
Nachdem wir die 2013 gestartete Organisationsentwicklung abgeschlossen haben, gab es u.a. die Erkenntnisse, dass eine Organisationsentwicklung nie abgeschlossen ist. Es ist ein permanenter Prozess, sich an den Bedarfen und Gegebenheiten zu orientieren und entsprechende Angebote und Strukturen zu gestalten. Wichtig dabei ist die Orientierung aktuell, aber auch kontinuierlich zu halten.
- Warum soll dieser Zukunftsprozess an den SDGs, den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ausgerichtet werden?
Der Wandel, wie wir ihn derzeit in so vielen gesellschaftlichen Bereichen erleben, braucht eine Ausrichtung, die zum Wohle aller führt. Die SDGs bieten hierzu eine sehr gute Basis. Inzwischen sind die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung auf unterschiedlichen Ebenen wie Regierungen, Kommunen, zivilgesellschaftlichen Organisationen, der Wirtschaft, Bildung und bei vielen Menschen angekommen und werden umgesetzt. Es gibt Selbstverpflichtungen und rechtliche Vorgaben. Als KJR sehen wir eine hohe Anschlussfähigkeit, um mit unseren Partner*innen gut zusammenwirken zu können.
- Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem bisherigen Prozess sowie der Zukunftskonferenz?
Im KJR orientieren wir uns stark an den Prinzipien der Jugendarbeit, auch im organisatorischen Handeln und mit unseren Partner*innen. Diese Prinzipien sind in den SDGs abgebildet und so findet die Umsetzung der SDGs bereits statt. Sie sind handlungsweisend und helfen Entscheidungen zu treffen. Mit der Auseinandersetzung der SDGs können wir ein tieferes Bewusstsein zum nachhaltigen Handeln schaffen und so noch effektiver an der Umsetzung der 17 Ziele arbeiten.
- Wie konnten sich die Kolleg*innen in den Prozess mit einbringen?
Das Konzept sieht vor, dass sich alle Kolleg*innen, aber auch Partner*innen im Prozess auf unterschiedliche Weise einbringen können – je nach Ressourcen und Möglichkeiten. Bereits im Prozess 2013 haben wir digitale Tools genutzt, heute sind diese noch vielfältiger anwendbar und bieten Partizipations-möglichkeiten auf kurzen Wegen. Bereits im Vorfeld zur Zukunftskonferenz gab es Kick-off Veranstaltungen für die Kolleg*innen und Jugendverbände, eine ganze Reihe von Impulsveranstaltungen rund um die SDGs und Zukunfts-themen und bei der Konferenz waren nun über 260 Teilnehmende dabei.
- Die KJR Vision 2030 läuft ja neun Jahre, was ist konkret für die nächsten zwölf Monate geplant und was sind die Meilensteine der künftigen Maßnahmen?
Nachdem in den letzten Tagen die wichtigen Themen identifiziert wurden, gilt es diese nun in lokalen und themenbezogenen Gruppen zu bearbeiten und Lösungen zu den Fragestellungen zu finden. In regelmäßigen Abständen sollen die Ergebnisse präsentiert werden, in Form von Newsletter für Interessierte und im April 2022 auch im Rahmen einer Veranstaltung. Es wird ein internes Monitoring auf einer digitalen Plattform geben, die bereits erarbeitete Ergebnisse sichtbar macht und aktuell informiert, wo wir gerade stehen und wo es noch was zu tun gibt. Und ganz sicher werden wir uns 2030 anschauen wie der ganze Prozess gewirkt hat und was es dann noch braucht, um zum Wohle aller als KJR zu wirken.