Erlebnispädagogik ist eine Methode der Sozialen Arbeit, die durch Erlebnisse Lernprozesse anstößt. Sie wird in verschiedenen Arbeitsfeldern beim Kreisjugendring München-Land genutzt.
Joep Kulla ist Erlebnispädagoge und bietet für Übernachtungsgäste der Jugendherberge Burg Schwaneck in Pullach ein Aktivprogramm für Gruppen an. „Out of München“ bietet viele erlebnispädagogische und kulturpädagogische Angebotsbausteine. Was macht Erlebnispädagogik so besonders und was bewirkt sie? Das haben wir unseren Kollegen Joep im Interview gefragt:
Wodurch zeichnet sich Erlebnispädagogik, deiner Meinung nach, besonders aus?
Lernen durch außergewöhnliche Erlebnisse, am besten in alltagsfernen Situationen und einem naturgegebenen Setting, ist ein wesentliches Merkmal der klassischen Erlebnispädagogik und nach wie vor für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen hochaktuell und vielleicht wichtiger denn je. Reale und erlebbare Erfahrungen zu ermöglichen, die nicht durch den eigenen Algorithmus vordefiniert werden und eine gewisse Authentizität beinhalten, diese zu begleiten und zu reflektieren, ist Aufgabe der Erlebnispädagog*innen.
Welche Beobachtungen machst Du, wenn wir uns die Wirksamkeit der Erlebnispädagogik anschauen? Was wird den Kindern und Jugendlichen (für das Leben) vermittelt und prägt sie?
Die Erlebnispädagogik wird oft als Pädagogik mit Hand, Herz und Verstand beschrieben und da ist was Wahres dran. Durch das Erlebbarmachen von Ereignissen, meist nicht alltäglicher Art, können durch professionelle Begleitung und Auswertung seitens der Erlebnispädagog*innen Erkenntnisse gewonnen werden und durch einen gelungenen Transfer in den Alltag auch nachhaltig wirksam sein. Dabei ist die Erlebnispädagogik meiner Meinung nach immer als Angebot zu verstehen, ich kann als Erlebnispädagog*in Prozesse anregen und ins Laufen bringen, aber nicht erzwingen. Die Wirksamkeit wird durch die handlungsorientierten Methoden erreicht, die Unmittelbarkeit der Aktionen, jedes „Tun“ oder „Nichttun“ hat eine mehr oder weniger direkte Konsequenz auf das weitere Geschehen und ist in der Regel immer nachvollziehbar. Verantwortung zu übernehmen, für sich, seine Mitmenschen sowie für unsere Umwelt und Natur sind übergeordnete Ziele von erlebnispädagogischen Aktionen und entscheidend für das weitere Leben.
Welche Tipps hast Du für Pädagog*innen, die vielleicht ein erstes erlebnispädagogisches Angebot planen? Was ist ein einsteigerfreundliches Angebot?
Weder Unterforderung noch Überforderung sowohl bei den Teilnehmenden wie den Durchführenden. Die Angebote sollten Neugierde wecken und eine spielerische Herausforderung beinhalten. Bewährt haben sich, neben kooperativen Übungen und niederen Seilaufbauten mit Slacklines auch Geocacheaktionen. Am besten verwoben in eine reale oder fiktive Geschichte, mit kniffligen aber lösbaren Rätseln und überraschenden Verstecken (Hier bitte den Naturschutz beachten!).
Hast Du noch einen Tipp, wo sich die Pädagog*innen weiterbilden können?
Für die oben genannten Aktionen gibt es zahlreiche Fortbildungsangebote, einige auch immer wieder im Fortbildungsprogramm der Burg Schwaneck. Es sind in der Regel keine bis geringe Vorkenntnisse nötig, sie sind meist überall durchführbar und man benötigt wenig Material. Für die klassischen erlebnispädagogischen Handlungsfelder Berg, Wasser und Höhle braucht es jedoch eine umfassendere fachsportliche Weiterbildung wie z. B. die ZQ-Erlebnispädagogik (www.zq-ep.de). Auf der Seite des Bundesverbandes für Individual- und Erlebnispädagogik findet man alles über die Erlebnispädagogik-Szene im deutschsprachigen Raum.

Auch in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit hat die Erlebnispädagogik einen festen Platz. Daniel Gartner (Erzieher) und Markus Gabler (Sozialpädagoge) aus dem FEZI Unterföhring berichten, wie wertvoll erlebnispädagogische Angebote für junge Menschen – besonders im Alltag – sind:

„Es muss nicht das Hochgebirge der Schweiz, das Wildwasser, die Tiefe der Höhle und der Weitblick auf das offene Meer sein, es kann auch das Spielen am Bach, der Ausflug in den benachbarten Wald sein, um neue nicht alltäglich Erlebnisräume zu gewinnen. Bei der Heimfahrt von einer Kletterfreizeit auf Korsika sagte ein Jugendlicher zu uns: „Jetzt bin ich die Woche gar nicht zum Klettern gekommen, es gab die Woche so viel Neues zu sehen und zu erleben.“ Um dies zu ermöglichen, heißt es für uns, Freiräume in unserem pädagogischen Alltag für die Aktionen zu schaffen, Ressourcen zu mobilisieren, mögliche Routinen abzurufen und gemeinsame Erlebnisse zu ermöglichen. Die Erinnerungen an die Erlebnisse werden uns auch wieder die Kraft zum Aufbrechen geben.“