Am 17. Juni 2020 von zehn bis 17 Uhr fand die erste virtuelle Konferenz der Initiative Ganztag_Bildung_Zukunft statt. Zahlreiche renommierte Sprecher*innen und Unterstützer*innen aus Schule, Jugendarbeit, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik haben in unterschiedlichen Vorträgen, interaktiven Workshops und Talk-Formaten ihr Wissen im Kontext Bildung der Zukunft mit mehr als 400 Teilnehmer*innen geteilt. Ziel der Initiative ist es, die aktuelle Umsetzung von Schule zu überdenken und gemäß den Anforderungen der heutigen Zeit neu zu gestalten.
„Ich möchte lernen, warum man nicht schwerelos ist!“, wünschte sich Maximilian (7 Jahre) und wandte sich zu Beginn in einer Videobotschaft an die Konferenzteilnehmer*innen. Das Thema Bildung und Schule kann nur unter Einbezug von Schüler*innen angegangen werden, darüber sind sich die Initiative Ganztag_Bildung_Zukunft und, wie sich im Verlauf des Tages herausstellt, auch alle anderen Teilnehmer*innen einig. Zur Definition eines gemeinsamen Bildungsverständnisses sind Marcus Fink, Geschäftsführer des Kreisjugendring München-Land, und das Team der Kommunalen Jugendpflege im Landkreis München bereits zu Beginn besonders auf die Perspektive der Kinder und deren Vision, wie Schule und Bildung insgesamt in Zukunft aussehen könnte, eingegangen.
Um den Bildungsbegriff im Anschluss noch von einer anderen Seite zu beleuchten, folgte ein inspirierendes Gespräch mit dem Neurobiologen Gerald Hüther. „In der aktuellen Zeit, die geprägt ist von globalen Disruptionen, ist es wichtig, einen offenen und grundlegend wertschätzenden Blick auf Kinder zu richten und sie als eigenständige, selbstbestimmte Individuen zu betrachten“, plädierte der mehrfache Buchautor im Interview. Aber auch die Selbstwahrnehmung eines jeden Einzelnen müsste verstärkt hin zu einem liebevolleren Umgang mit sich gelangen. Denn nur dadurch ist es möglich auch empathisch mit Anderen umzugehen und die Kraft zu finden, die zur dringend gebrauchten Transformation der aktuellen, konventionellen Definition und Ausübung von Schulunterricht gebraucht wird.
In der folgenden Mittagspause hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit ein aufgezeichnetes Gespräch zwischen Margret Rasfeld (Bildungsinnovatorin und Gründerin von Schule im Aufbruch) und Prof. Dr. Frithjof Bergmann (Philosoph und Begründer der „New Work“-Bewegung) zu verfolgen. Als Expert*innen der (Schul-)Bildung und Arbeit beschäftigten sie sich in ihrem Dialog vor allem damit, wie die zwei Bereiche korrelieren und sich ihre neuen Ansätze gegenseitig unterstützen können. Der Nachmittag wurde außerdem für zehn virtuelle Workshops genutzt, in denen unter anderem spannende Einblicke und Impulse zur Emotionalen Intelligenz, Bildung für Nachhaltige Entwicklung oder für Inklusion in der Schule gegeben wurden.
Im Anschluss kamen die drei Pilot-Schulen aus dem Landkreis München selbst zu Wort. „Wir sind dem Team der Initiative wirklich unglaublich dankbar für’s an die Hand nehmen und für die Unterstützung im Prozess“, bedankte sich Schulleiterin Susanne Sieben, sichtlich angetan von der bisherigen Zusammenarbeit an der Grundschule Neubiberg. Dort und an der Grundschule an der Camerloherstraße in Ismaning sowie der Grundschule in Taufkirchen startete bereits im April das Pilotprojekt mit der Zielsetzung, den Ganztag mit mehr Freiraum für die Schüler*innen auszugestalten. Hierbei sollen sie zentrale Zukunftskompetenzen erwerben können, lernen Verantwortung zu übernehmen und selbst entdecken, wer sie sind und was sie bewegt. Bei diesem Transformationsprozess werden die Schulen durch das Team von Ganztag_Bildung_Zukunft begleitet. In den kommenden zwei Jahren sollen weitere Pilotschulen die Möglichkeit erhalten, am Modellprojekt im Landkreis München teilzunehmen.
Im abschließenden Fokustalk teilten Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung, Schule, Jugendarbeit und Wirtschaft ihren Blickwinkel auf das Bildungssystem der Gegenwart, sowie ihre persönliche Vision von der Bildung der Zukunft. Es herrschte ein deutlicher Konsens darüber, dass es einer Veränderung des Status Quo von Schule bedarf, um sie gemäß den Anforderungen der heutigen Zeit neu zu gestalten. „Die Schule lehrt aktuell vor allem Anpassungsfähigkeit, das ist weder zielführend noch fördert es individuelle Stärken Einzelner“, mahnte Juliette Ruppersberg als jüngste Podiumsteilnehmer*in und Vertreterin des Münchner Schüler*innen Büro und erntete dafür viel Zuspruch.
Die Konferenz hat gezeigt, dass über alle Ebenen eine hohe Motivation herrscht, die geltenden Rahmenbedingungen von Schule herauszufordern und zu verändern. Um den Raum aufzumachen für eine Bildung, die vom Kind hergedacht wird und nicht in erster Linie von den definierten Lehrinhalten. Dies bedarf vieler kleiner Schritte und kann nicht von heute auf morgen passieren. Die Konferenz legte den Grundstein zur Vernetzung wichtiger Ansprechpartner*innen und steckte einen neuen Rahmen ab, in dem sich ausprobiert werden kann. Nun gilt es hier weiterzuarbeiten, sich auch zukünftig auszutauschen und besonders die Erfahrungen und Erfolge der Pilotschulen mit anderen Interessierten zu teilen.
Die Konferenz ist ausführlich auf der Website der Initiative Ganztag_Bildung_Zukunft dokumentiert. Hier finden sich auch die Aufzeichnung eines Großteils der Vorträge und Beiträge, sowie alle Sprecher*innen namentlich erwähnt.
Die Initiative Ganztag_Bildung_Zukunft ist eine Kooperation zwischen „Schule im Aufbruch“, dem Kreisjugendring München-Land, der Hochschule München sowie den New Work-Experten The Dive und der Audi Business Innovation GmbH. Als Initiative zur Transformation von Schule verfolgt sie das Ziel einer ganzheitlichen Gestaltung von Bildungsinstitutionen.