Zahlreiche Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie besonders leiden. Der Kreisjugendring München-Land (KJR) hat neben dem Ausbau von digitalen Angeboten deswegen im Dezember 2020 ein temporäres Sonderprojekt zur Unterstützung von jungen Menschen gestartet und macht auf ihre Bedürfnisse aufmerksam.
Die Arbeit der engagierten Pädagog*innen des KJR konzentriert sich aktuell auf zwei Schwerpunkte: Zum einen weiterhin die Kinder und Jugendlichen zu begleiten, die auf zusätzliche Unterstützung während den Einschränkungen angewiesen sind. Zum anderen sieht sich der KJR neben der pädagogischen Arbeit auch als Sprachrohr der jungen Menschen im Landkreis München und versucht durch verschiedene Aktionen die Bedürfnisse, Ängste und Meinungen von Heranwachsenden sichtbar zu machen.
Einsamkeit, Isolation und Zukunftsängste – warum Jugendarbeit jetzt unbedingt notwendig ist
Eine besorgniserregende Zahl des vergangenen Jahres: Fast jedes dritte Kind bzw. Jugendliche*r hat psychische Auffälligkeiten entwickelt (vgl. COPSY Studie[1]). Das Jugendalter ist geprägt von sozialen Kontakten, eigenen ersten Erfahrungen und Grenzüberschreitungen. Klar, dass das in Zeiten einer Pandemie kaum möglich ist. Derzeit sitzen viele Kinder und Jugendliche alleine bzw. mit ihren Familien zu Hause und isolieren sich von ihren Freund*innen. Fernunterricht, erschwerte Ausbildungsplatzsuche, digitales Studium und die spürbare Anspannung der Eltern – die Situation ist für die Heranwachsenden nicht leicht. Außerdem wird häufig die Unterstützung der Eltern vorausgesetzt, damit Kinder und Jugendliche nicht im schulischen Kontext abgehängt werden. Dies belastet die Familien zusätzlich auf Grund von fehlenden Sprachkenntnissen, Endgeräten, vorhandenen Bildungslücken oder zu wenig Zeit. Um gezielt für diese Kinder und Jugendlichen weiter Angebote machen zu können, arbeiten die Pädagog*innen der Offenen und Mobilen Kinder- und Jugendarbeit im Rahmen eines temporären Sonderprojekts nach §13 des SGB VIII. Dadurch können Sozialpädagog*innen junge Menschen weiterhin zum Ausgleich sozialer Benachteiligung oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigung treffen. Diese Begegnungen finden natürlich unter Einhaltung der Hygieneregeln und Kontaktbeschränkungen statt. Das Angebot ist laut Lena Schuster, Kommunale Jugendpflegerin im Landkreis München, dringend notwendig: „Entwicklungsaufgaben lassen sich, im Gegensatz zu vielen anderen menschlichen Bedürfnissen, nicht einfach aufschieben. Neben den Kontakten zu Gleichaltrigen brauchen Jugendliche verlässliche Bezugspersonen, die ihnen mit Zeit, Verständnis und Aufmerksamkeit entgegentreten. Insbesondere in den Zeiten der Pandemie gilt es weiterhin niederschwellig zugängliche geschützte Räume bereitzustellen, in denen Ängste und Bedürfnisse geäußert werden können.“
Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen auch außerhalb der Schule wahrnehmen
In der politischen Diskussion entsteht oft der Eindruck, dass sich das Leben von Kindern und Jugendlichen nur in der Schule abspielt und das schürt Unmut bei der jungen Generation. Helga Madlener, Sozialpädagogin in der Jugendkulturwerkstatt Unterhaching, sucht mit ihren Kolleg*innen in der aktuellen Situation besonders den Kontakt zu den jungen Menschen. Bei den vielen Beratungstelefonaten und Onlinetreffen bekommt die Pädagogin einen guten Eindruck von den Bedürfnissen der Jugendlichen: „Mein aktueller Schwerpunkt ist die Beziehungsarbeit. Die Jugendlichen sagen uns ganz klar, dass es ihnen unheimlich wichtig ist, dass Menschen da sind, die an sie denken, nachfragen, wie es ihnen geht und die wissen wollen, was sie beschäftigt.“
Viele Einrichtungen des KJR haben die vergangenen Monate im engen Austausch mit den jungen Menschen im Landkreis München verbracht und nun verschiedene Konzepte entwickelt, um die Stimmen der Jugend sicht- und hörbar zu machen. Der Jugendtreff A12 sammelt z. B. Statements und Fotos von Oberhachinger Jugendlichen, um diese im Anschluss gut sichtbar für alle im Ort zu platzieren. Die Sozialpädagog*innen im Dino in Haar teilen bei der „Auskotz-Challenge“ Videostatements von Jugendlichen bei Instagram. Am Wochenmarkt in Oberschleißheim präsentiert das Team des Jugendtreff Planet ‘O‘ Plakate mit Aussagen von jungen Menschen am Bürgerplatz und interviewt auch weiterhin Kinder und Jugendliche, um diese Aktion auszuweiten.
Weitere Infos zu den Aktionen in den Städten und Gemeinden im Landkreis München finden sich auf den Webseiten der örtlichen Jugendzentren. Zusätzliche Projekte zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen sind in Planung und auch als Sprachrohr für die junge Generation arbeitet der KJR weiterhin an Maßnahmen, um deren Stimme hörbar zu machen.
[1] Mehr Infos zur Studie gibt es hier.
Fotocredits des Beitragsbildes: DBJR@Kevin Fuchs_(CC BY-NC 3.0 DE)